Wald ist deutlich mehr als Holz
02.06.2025
Ökosystemdienstleistungen – der Schatz ländlicher Räume
Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der von der Forstwissenschaft vor über 300 Jahren geprägt wurde. Damals ging es darum, die kontinuierliche Versorgung des Bergbaus mit dem notwendigen Grubenholz zu sichern. Nicht mehr Holz ernten, als Holz nachwächst, dies war der Kern dieses Nachhaltigkeitsansatzes. Und ist es drei Jahrhunderte lang geblieben.

Erst in der Umwelt- und in der Klimakrise wurde zunehmend erkannt, dass dieser Ansatz zu eindimensional angelegt war. Schon vor rund einhundert Jahren erkannten einige wenige weitsichtig denkende Forstleute, dass Holz nur dann optimal wachsen kann, wenn die ökologischen Zusammenhänge ideal aufeinander eingespielt sind. In diesem System kommen dem Boden und dem Waldklima eine ganz herausragende Rolle zu. Alfred Möllers Dauerwald-Idee war aber leider ihrer Zeit so weit voraus, dass es erst der sich überlappenden Katastrophen vor und nach der Jahrtausendwende bedurfte, um deren Wert zu erkennen bzw. zu würdigen.
Es ist und beleibt unbestritten, dass Holz als ein sehr hochwertiger, nachwachsender und vielseitig verwertbarer Werkstoff auch weiterhin eine zentrale Rolle bei der Landnutzung und der regionalen Wertschöpfung spielen wird. Und es gibt keine ernsthaft argumentierenden politischen Kräfte, welche auf eine Holznutzung verzichten wollen. Es ist aber mittlerweile und unter dem Druck dieser vielen Zusammenbrüche anfälliger Kunstforsten zu einem bedeutenden Erkenntnis-Wandel gekommen. Holznutzung kann eben nicht ausschließlich im Kielwasser einer geregelten Forstwirtschaft auch all die Wohlfahrtswirkungen des Waldes gewährleisten, wie dies über viele Jahrzehnte von den Forstverwaltungen gepredigt wurde. Denn nur genau umgekehrt geht diese Gleichung auf: Erst wenn im Wald alle verfügbaren Ökosystemleistungen in vollem Umfang gewährleistet sind, kann auch eine Nutzung des Holzes erfolgen. Und zwar vorwiegend für eine stoffliche und langlebige Verwertung, weil die Verbrennung von Holz keinen nachhaltigen Effekt auslösen kann.

Seit dem Jahre 2024 emittieren die stark geschädigten Wälder in Deutschland erstmals mehr Kohlenstoff, als sie dauerhaft im Holz und im Boden als CO₂-Senke binden können. Um daher auch im Wald wieder auf eine umfassende, mehrdimensionale Nachhaltigkeit zu setzen, müssen jetzt vorrangig die massiv gestörten Ökosystemdienstleistungen wieder aufgebaut werden. Dazu zählen unter anderem die umfassenden Bodenfunktionen für den Wasser- und Nährstofftransport sowie den Erosionsschutz, der Wasserrückhalt und die Grundwasserneubildung, die Verdunstungs- und Kühleffekte, die Temperaturausgleichsregulierung und Impulse für Niederschlagsmengen. Ebenso gehören dazu die natürlich vorkommende Artenvielfalt, die Lärmschutz- und Lufteinigungseffekte, die gesamten Erholungswirkungen der Wälder sowie vor allem deutlich höhere Biomassezuwächse als Grundlage für eine dauerhaft hohe Kohlenstoffbindung.
Gerade im öffentlichen Wald sind diese Aufgaben mit Vorrang anzustreben. Darauf macht bereits seit 1990 ein eindeutig formuliertes Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts aufmerksam. Denn der wirtschaftliche Wert dieser gesamten Ökosystemdienstleistungen übersteigt den Wert des in den Wäldern wachsenden Holzes um ein Vielfaches. Und je älter diese Wälder sind, umso wertvoller schlagen diese Leistungen zu Buche.
Es ist und war daher auch immer ein Ziel der von FUTOUR vorgenommenen Impulse für die Ländliche Entwicklung, auf diesen ganz besonderen Schatz der ländlichen Räume hinzuweisen und zukunftsfähigen Waldbewirtschaftungsanpassungen den Weg zu bereiten.
Kontakt: Dieter Popp