Neue „Zaun-Unkultur“ in alten Dörfern

24.11.2022

Wo bleiben Ambiente, Wohlfühlaspekte, ökologische Gartengestaltung?

Es hatte mal etwas sehr Verbindendes, wenn man in den Dörfern über den Zaun miteinander geredet hat. Denn diese Zäune – manchmal waren es auch Hecken – vermittelten ein Stück gelebte Kommunikationskultur. Sie boten immer auch ein Stück traditioneller Geborgenheit mit ihrer Schutzfunktion auf der einen und der offenen Sichtbeziehung auf der anderen Seite.

Zaunkultur in einem Dorf

Und wenn man sie sah, wusste man auch wo man war. Egal ob Flechthecken in Ostwestfalen, ob Buchen-Baumhecken in der Hohen Eifel, Friesenzäune an der Küste, Bänder-, Latten- oder Staketenzäune, klassische Flechtzäune bzw. die alpinen Spelten- oder Scharzäune. In der Regel aus einem heimischen Holz bodenständig hergestellt markierten Zäune wichtige Zeugen der ländlichen Kulturlandschaft. Mit ihrem Verlauf geben sie der Landschaft oder der Siedlung eine Struktur und bilden damit gestaltende Elemente des jeweiligen Raums. Sie sind auf diese Weise untrennbarer Bestandteil unseres Kulturerbes geworden.
Aber die Zeiten haben sich gewandelt. Heute errichten vor allem viele der in den ländlichen Raum Hinzugezogenen, aber auch nicht wenige der einheimischen Bevölkerung Zäune, um sich – gleich einer Festung – von Nachbarn und der weiteren Öffentlichkeit trutzburgartig abzuschirmen. Mit diesen Elementen aus den Baumärkten nivelliert sich das Siedlungsbild so nebenbei schon über diese Zaununkultur!

Das neue Maß der Zaunkultur

Und damit trägt dies – neben einer leider ebenfalls austauschbar gewordenen Baukultur – zur retortenmäßigen Uniformierung der Neubaugebiete von der Küste bis zum Alpenrand bei. Die Wirkung dieser neuen Mattenzäune, Gittersteinwände oder gar der Plastik-Sichtschutzstreifen mit angedeuteten Bildern natürlicher Zaunelemente wirken wie Sperranlagen und mitunter gleichen sie sogar einem Hochsicherheitstrakt. Konnten früher wenigstens noch Igel diese Grenzen überwinden, wird dies jetzt radikal unterbunden. Haben wir uns noch vor Jahresfrist über die Steinwüsten in den Vorgärten erregt, werden diese Scheußlichkeiten jetzt hinter diesen Schutzmauern einfach versteckt. Haben wir nun schon einige Jahre gegen den Trend der wenig biologische Vielfalt bietenden Thujen-Hecken angekämpft, wird diese Gedankenlosigkeit jetzt von einer noch größeren Geschmacklosigkeit übertroffen.

Im Rahmen der Ländlichen Entwicklung ist viel Geld in Beratung über Ambiente, Wohlfühlaspekte, ökologische Gartengestaltung investiert worden. FUTOUR hat über die ILE-Konzepte zahllose Initiativen für eine neue Lebensqualität in den Dörfern zu deren Neubaugebieten gestartet. Und vielerorts konnten darüber sogar Hecken und Sträucher die üblichen Zäune als fließenden und naturgemäßen Übergang zwischen Nachbargrundstücken ablösen. 

Kontakt: Dieter Popp